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Schlagwort: Tradition

Wendische Bauernhochzeit

Spreewald Hochzeit

geschrieben vom Insider & Ortschronisten Manfred Kliche (Raddusch)
Die Wendische Bauerhochzeit in Raddusch – Ein Höhepunkt in jeder Familie

Raddusch/Raduš gehört zum wendischen Siedlungsgebiet, war wie die Nachbardörfer Naundorf, Fleißdorf (Dlugy), Stradow, Suschow und Märkischeide (Weissagk) bis 1815 Teil der sächsischen Niederlausitz und kam nach dem Wiener Kongress zu Preußen.

Als Arnošt Muka 1880 bis 1884 die wendische Niederlausitz durchwanderte und volkskundliches Material sammelte, stellte er fest, dass in Raddusch noch 98 Prozent der Einwohner im Umgang miteinander wendisch gesprochen haben.

Raddusch gehört mit den oben genannten Dörfern zum Kirchspiel Vetschau-Land. Dafür gab es die wendische Kirche in Vetschau, die baulich durch eine gemeinsame Sakristei eng mit der deutschen Kirche verbunden ist. Die Bauernfamilien fuhren zur Winterzeit per Pferdeschlitten und im Sommer mit der Kutsche dorthin zu ihrer Kirche.

Spreewald Hochzeit – Trachten sind schick 

Vor dem Ersten Weltkrieg war Raddusch ein sehr reiches Bauerndorf, was sich auch in der Tracht widerspiegelte. Die Bauern wollten mit ihren Frauen in der schönen Tracht repräsentieren und auffallen. Etwas Besonderes unter den Trachten im Spreewald war hier, dass die Frauen statt der üblichen Schürzenbänder breite Perlengürtel getragen haben.1

1 Vgl.: Manfred Kliche: Die Radduscher Tracht, Stog 2019, S. 96–101

Auf die Vorbereitung und Durchführung einer wendischen Hochzeit wurde großer Wert gelegt. Sie war ein Statussymbol für die beteiligten Familien. Große Aufmerksamkeit wurde dabei auf die Hochzeitstracht gelegt; besonders festlich waren dabei die Trachten der Braut und der Brautjungfern.

Bei den Hochzeitstrachten vor 1914 hatten die weißen Kinnschleifen und Taillenbänder der Braut blaue eingewirkte Muster. Die Brautmütze entsprach in ihrer Form der bis um 1880 um Lübbenau gebräuchlichen, bestand aber aus Batist, auf der eine Art Myrtenkranz aufgesteckt war.

Bei den Mützen der Brautjungfern bestand das Kopfteil aus besticktem Tüll und nur die Halskrausen aus mit Spitzen besetztem Batist. Sie waren mit zahlreichen Glasperlen als Schmuck versehen. Zum Tanz später trugen die Mädchen über der Seidenschürze eine weiße Tüllschürze, die vielfach mit schwarzen eingestickten Mustern und Pailletten verziert war.

Von großem Vorteil für die Radduscher war, dass es um 1900 mehrere Trachtenschneider im Ort gab. Einer der bekanntesten war Wilhelm Klauk, der seine Trachten sogar bis nach Amerika an die vielen Auswanderer aus dem Spreewald lieferte.1

1 Vgl.: Manfred Kliche: Vom Spreewald in die Neue Welt, Stog 2018, S. 33–34

Spreewald Hochzeit – Anziehfrauen und Haubenbinderinnen

Die Anziehfrauen waren (und sind) wichtige Akteure beim Anlegen der Tracht. Ihre geschickten Hände waren gerade in der Vorbereitung der Braut und der Brautjungfern unverzichtbar. Die Anziehfrau Anna Knappe war hier eine der gefragtesten. Man nannte sie in der ganzen Umgebung die Haubenbinderin mit den „goldenen Händen“.

Eine andere wichtige Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung der wendischen Hochzeit spielte der Hochzeitsbitter, der Pobratsch/póbratš. Er war sozusagen der Zeremonienmeister einer wendischen Hochzeit.1

1 Siehe auch Kalenderblätter S. 7–17

Hochzeitsbitter & Speisemeister

Auch während der Hochzeit war der Hochzeitsbitter tätig. Er führte den Hochzeitszug an, das heißt, er geleitete die Hochzeitsgesellschaft zu den Kutschen und geschmückten Wagen, mit denen die Gesellschaft zur Kirche nach Vetschau zur Trauung fuhr.

Auch während der Mahlzeit waltete der Hochzeitsbitter eifrig seines Amtes. Er erschien gewissermaßen als Speisemeister und durfte als solcher nicht bei Tische sitzen. Er ging auf und ab, beaufsichtigte die Bedienung, kostete von Speisen und Getränken und sorgte durch allerlei Späße für die Erheiterung der Gäste.

Hochzeit Spreewald Kahn in der DDR

Der fliegende Kranz

Um Mitternacht erfolgte unter Gesang eines Liedes die Abnahme des Brautkranzes. Nach einer Rede des Hochzeitsbitters wurde der Brautkranz in die Höhe geworfen und die jungen Mädchen versuchten, den Brautkranz zu erhaschen. Es hieß, das Mädchen, welches den Brautkranz als Erstes fängt, werde die nächste glückliche Braut.

 

Nachdem der Hochzeitsbitter das neuvermählte Paar von den Gästen verabschiedet hatte, war seine Hauptarbeit erledigt, und auch er konnte mit den Gästen weiter feiern.

Wie zu dieser Zeit eine große wendische Bauernhochzeit gefeiert wurde, geht aus einem Zeitungsartikel vom 13. März 1914 aus den „Vetschauer Nach­richten“ hervor. Der Beitrag berichtete über die Hochzeit von Anna Sellest mit dem Bauerngutsbersitzer Buchan.

Die kirchliche Trauung fand am Dienstagnachmittag zwei Uhr in der wendischen Kirche statt. Der Hochzeitszug, bestehend aus fünf festlich geschmückten Wagen, habe auch bei den Bewohnern Vetschaus berechtigtes Aufsehen erregt, umso mehr, als der Bräutigam in der „schmucken Uniform der Gardemaschinengewehr-Abteilung in Berlin“ die Zuschauer beeindruckte.

Wegen des drohenden Regenwetters fuhr man sofort nach Beendigung der Trauung nach Raddusch zurück zur Hochzeitstafel, die inzwischen bei den Eltern der Braut hergerichtet war. Nach dem Hochzeitsessen begab man sich zum Tanz in den festlich dekorierten Böttcherschen Saal.

Satt war wichtig 

Vom Ansehen und der Beliebtheit der beiden Familien habe „die ungeheure Teilnahme der Bevölkerung“ gezeugt. Nicht nur aus Raddusch, auch aus Kahnsdorf, Groß-Lübbenau, Boblitz, Stradow, Naundorf und aus Burg seien Freunde und Bekannte zur Beglückwünschung angereist. Der große Saal sei bis auf den letzten Platz gefüllt gewesen.

Um die Größe der Feier zu veranschaulichen, berichteten die „Vetschauer Nachrichten“, dass vier Schweine, zwei Kälber und zwei Rinder geschlachtet und außerdem noch ein Zentner Karpfen und zwei Rehböcke geliefert worden seien. Zum Kaffee „wurden 80 Napfkuchen und 130 Blechkuchen verbraucht“. Über den Konsum der Getränke sei „Näheres nicht bekannt geworden, es dürfte aber gewiss in einem Verhältnis zu den verzehrten Speisen gestanden haben“, hieß es weiter.

Wie man anhand dieses Zeitungsartikels aus dem Jahr 1914 sehen kann, wurde auch schon früher ausgiebig und deftig im Spreewald gefeiert.

Flitterjahr ? 

Noch recht optimistisch schloss der Zeitungsbeitrag: „Da der junge Ehemann als bald zur Erfüllung seiner Militärdienstzeit nach Berlin zurückkehren musste, wird das junge Ehepaar erst im folgenden Jahr Gelegenheit finden, die Flitterwochen zu feiern.“

Die Hochzeit wurde Anfang März gefeiert. Das junge Paar hatte nur noch wenige Tage für sich, denn am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland und am 3. August 1914 den Franzosen den Krieg. Es war der Beginn des Ersten Weltkrieges.

Soweit bekannt ist, musste der Bräutigam in den Krieg und soll aus diesem nicht zurückgekehrt sein. Auch soll es aus dieser Beziehung keine Nachkommen gegeben haben.

Aller Glück- und Segenswünsche bei der Hochzeit zum Trotz erlitt diese junge Ehe ein sehr tragisches Ende.

Wandel der Zeiten

Die Hochzeitstrachten veränderten sich nach dem Ersten Weltkrieg grundlegend. Die Mützen wurden abgelegt, aber nicht wie im übrigen Trachtengebiet durch das Kopftuch ersetzt. Hier legte man der Braut und den Brautjungfern den Jungfernkranz direkt auf das Haar, welches schon vielfach onduliert wurde.

Lediglich die sogenannte „nicht ehrbare“ Braut musste in der Abendmahltracht mit dem Kopftuch ohne Kranz zur Trauung gehen. Das waren oft junge Frauen, die schon Mutter waren.

In den Jahren 1935 bis 1937 heirateten noch Anna Lehmann, verheiratete Konzack, und Lina Konzack, verheiratete Wetzk in wendischer Tracht.

Als letzte wendische Braut wurde in Raddusch Anna Richter, verheiratete Sallmann, am 18. März 1939 getraut.


Quellen

Manfred Kliche –  Ortschronik von Raddusch

Das Spreewalddorf Raddusch, Domowina Verlag Bautzen 1994, Seite 34 und 36

Ewald Müller: Aus der Niederlausitzer Wendei, Band III von 1925, Albert Heine Buchdruckerei Cottbus

Spreewald Tipp

Einer der schönsten Ort zum heiraten ist die Schinkelkirche in Straupitz. Hier hat man alles, was eine besondere Hochzeit ausmacht. Als Location empfehlen wir das „Spreewaldollerlei“ , wo man auch ein Ambiente bekommt, was nicht so alltäglich ist – eben Insider. 

Spreewald Hochzeit – Heute

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Hausschlachten

Hausschlachten im Spreewald 

geschrieben vom Insider & Ortschronisten Manfred Kliche (Raddusch)
Alte Traditionen

Das Hausschlachten hat in den Spreewaldörfern eine Jahrhunderte lange Tradition. Immer zwischen November des alten Jahres bis zum März des neuen Jahres wurde „hausgeschlachtet “. Hausschlachten war in den Bauernfamilien immer ein Höhepunkt und ein freudiges Ereignis.

Vorbereitung ist alles 

Bereits ganz in der Frühe wurde der Kessel mit Wasser zum Kochen gebracht. Das Wasser musste kochen, bevor der Schlachter den Hof betrat. Dann zeigte der Bauer dem Schlachter das Schwein , dass diesmal zur Schlachtung vorgesehen ist.

Das Töten des Schweines

Der Schlachter befestigt nun an einem Hinterbein einen kleinen Strick . Dann treibt er das Schwein hinaus und befestigt es an einem Hacken . Nun nimmt er sein Bolzenschussgerät ( früher wurde das Schwein mit einem Beil getötet) und tötet das Schwein. Ist das Schwein zu Boden gefallen wird es vom Schlachter abgestochen und einer der Helfer muss nun mit einer Schüssel das Blut auffangen .

Ohne Wasser geht nix

Das Blut wird dann in ein Tongefäss oder einen Eimer gegossen und mit einer Quirle geschlagen . Danach wird das Blut kühl abgestellt und gelagert. Nun wird das Schwein auf eine Leiter gelegt , die Leiter mit dem Schwein wird dann auf einen so genannten „Brühtrog“ gelegt. Nun wird das Schwein abgebrüht, das heißt es wird von den Borsten und Hufen befreit. Dazu wird recht viel heißes Wasser aus dem Kessel benötigt .

Eine Leiter hilft

Ist dies geschehen wird das Schein mit einem Kumt (Zuggeschirr) an der Leiter festgebunden . Die Leiter mit dem Schwein wird nun an eine Wand aufgerichtet . Nun wird das Schwein vom Schlachter aufgebrochen und die Innereien werden entnommen. Ist das Schein aufgebrochen und die Innereien sind entnommen , ist es an der Zeit erst einmal ein „ Korn „ zu trinken. Nun beginnt der Schlachter über dem Brühtrog die Därme ,den Magen und die Blase zu reinigen .



Würze ist wichtig

Danach beginnt der Schlachter das Schwein , was an der Leiter hängt zu zerlegen . Alle Fleischteile die zur Wurstverarbeitung benötigt werden , werden zerkleinert und dann in den Fleischkessel gegeben und gekocht. In den Fleischkessel werden dann verschiedene Gewürze gegeben , wie Zwiebel , Lorbeerblatt , Salz, Tymian und Gewürzkerne . Nun muss das Fleisch kochen bis es gar ist. Der Schlachter zerlegt nun in der Zwischenzeit das noch an der Leiter hängende Fleisch vom Schwein. ,

Chef bleibt Chef

Ist das Fleisch im Fleischkessel gar , dann wird mit der Wurstzubereitung begonnen. Gleichzeitig wird das Wellfleisch für das Mittagsmahl vom Schlachter in eine große Schüssel ausgewählt. Während sich der Bauer mit seinen Gästen und der Familie dem Wellfleischessen ( Wellfleischessen mit Sauerkraut und Salzkartoffel oder Brotscheiben ) widmet , arbeitet der Schlachter mit seinem Gehilfen weiter an der Wurstzubereitung.


Vielfalt ist groß

Zuerst wird die Leberwurst , dann die Fleisch- , Schneidewurst oder auch Sülzwurst hergestellt und in Därme abgefüllt . Die gefüllten Därme werden dann zum Kochen in den Kessel gegeben . Die Reste der Wurstsorten werden dann für die Bäuerin in einzelne Holzmulden oder andere Gefäße, wie Schüsseln getan. Die Bäuerin wird später diese Reste in Gläsern oder Büchsen tun und einwecken.

Spezialität Spreewald

Ganz zum Schluß wird die im Spreewald typische Grützwurst zu bereitet. Die Grützwürst besteht überwiegend aus den durch den Fleischwolf durchgedrehten Schwarten. In einer großen Rührwanne wird das durchgedrehte Fleisch , durchgedrehte Zwiebeln und die aufgebrühte Weizengrütze gegeben. Dazu werden Gewürze wie Salz, Piment , Majoran und schwarzer Pfeffer gegeben , zusätzlich wird beim Verrühren nun das geschlagene Blut hin zugegeben . Alles wird nun verrührt und dann in die Därme gefüllt. Die Därme werden dann zum Kochen in den Kessel gegeben. Zwischenzeitlich wurden bereits die Leber – Fleisch und anderen Würste aus dem Kessel genommen und auf Holzschiebern zum Abkühlen gelegt. Ganz zum Schluß werden nach dem Kochen die Grützwürste aus dem Kessel genommen und in Holzmulden zum Abkühlen gelegt .



Iss mir Wurscht

Zuerst wird die Leberwurst , dann die Fleisch- , Schneidewurst oder auch Sülzwurst hergestellt und in Därme abgefüllt . Die gefüllten Därme werden dann zum Kochen in den Kessel gegeben . Die Reste der Wurstsorten werden dann für die Bäuerin in einzelne Holzmulden oder andere Gefäße, wie Schüsseln getan. Die Bäuerin wird später diese Reste in Gläsern oder Büchsen tun und einwecken.

Bemerkenswert ist , dass der Schlachter meist auf die deftige Mahlzeit verzichtet und lieber Kuchen oder andere Leckereinen zu sich nimmt. Meist klinkt der Abend mit der Zunahme von Alkohol sehr lustig aus. Tage später wird die Räucherkammer für das Räuchern der Würste vorbereitet. Dazu werden die Würste an Stangen befestigt und dann in die Räucherkammer gehangen. 

Räucherware hält sich

Zum Räuchern wird vor allem Hartholzsägemehl genommen . Ist der Räuchervorgang nach einiger Zeit beendet , werden die fertig geräucherten Würste entnommen und entweder eingefroren oder in so genannten Speisekammern bis zum Verspeisen aufbewahrt. Bestimmte Knochen, Fleischstücke und der Schinken werden in Pökelgefäße ( bestehen aus Holz oder Ton ) gelegt und mit Salz und Lake angesetzt.

Schwein im Stall

Vorrat 

Auch sie werden dann später zum Räuchern in die Räucherkammer gegeben. Je nach Bedarf werden die Würste und der Schinken sowie die portionierten Fleischstücke übers ganze Jahr von der Bauersfamilie bis zum nächsten Hausschlachten verzehrt. Divese Reste in Gläsern oder Büchsen tun und einwecken.

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Ostern im Spreewald

Lesenwerter Blog!

Eine Zeitreise geschrieben und erzählt vom Radduscher Ortschronist Manfred Kliche.

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Spreewald Trachten


Die Radduscher Tracht

Eine Zeitreise geschrieben und erzählt vom Radduscher Ortschronist Manfred Kliche.

Geschichte der Trachten

Seit Jahrhunderten werden im Spreewald von den wendischen Frauen farbenfrohe Spreewald Trachten getragen. Jedes Kirchspiel im Spreewald hatte seine eigene Tracht, die oft von den Trägerinnen selbst oder von Trachtenschneidern und -schneiderinnen angefertigt wurde.

Auch die Männer hatten zu früheren Zeiten, so noch um 1850, eine eigene Tracht. Zu dieser Männertracht gehörte ein leinenes Hemd und weiße Leinenhosen, die durch bunte, handbestickte Hosenträger festgehalten wurden. Um den Hals trug man ein farbiges oder schwarzes Tuch, das vorn zu einer Schleife gebunden war, deren Enden unbedingt abstehen mussten. Den Oberkörper umschloss eine mehrfarbige oder auch eine schwarze Weste, deren Vorderteil oftmals in reiner Seide ausgeführt sein konnte. Ein Leinenmantel in weißer oder auch blauer Farbe diente als Schutz bei kühler Witterung. Im Winter wurde noch zusätzlich ein rotes Tuch eingenäht, um die Wärmespeicherung des Kleidungsstücks zu erhöhen. Den Kopf bedeckte eine Zipfelmütze aus Samt, deren Rand mit einem breiten Lammfellstreifen versehen war. Die Füße steckten in derben Lederstiefeln oder Holzpantoffeln. So bot auch die Männertracht ein durchaus farbenprächtiges Bild.

2 Damen in Trachten

Spreewald Trachten -Geschlechtervielfalt

Nach 1850 vollzog sich ein großer Wandel. Die Männer trugen jetzt meist schwarze Hosen und schwarze Westen beziehungsweise auch den schwarzen Gehrock, auf dem Kopf schwarze Hüte oder den Zylinder.Bei den wendischen Frauentrachten gab es eine andere Entwicklung. Die Frau war in früheren Zeiten sehr stark an Haus und Hof gebunden und meist in der bäuerlichen Wirtschaft tätig. In Raddusch wie auch in den anderen Spreewalddörfern gab es drei Trachtenarten: Die Sonntags- beziehungsweise Festtagstracht, die Kirchgangstracht und die Alltags- oder Arbeitstracht. Anhand der Tracht konnte man das Kirchspiel oder das Dorf erkennen, aus dem die Trägerin kam. Auch konnte man vor allem an der Festtagstracht erkennen, über welche finanziellen Mittel die Trägerin verfügte.

Dame mit alter Tracht

Spreewald Trachten – Raddusch

In Raddusch waren bis zum Ersten Weltkrieg sehr wohlhabende Bauern ansässig, und deshalb beanspruchten die Frauen in ihrer Tracht etwas Besonderes. Man wollte sich so von den etwas ärmeren Nachbarn unterscheiden und durch möglichst viel Luxus in der Tracht auf sich aufmerksam machen. Zeitweilig wurden sogar zwei Schürzen über den Rock gebunden. Die Stoffe, Seide, Bänder und Spitzen bezogen die Bauern für ihre Frauen von der Firma Herzog, einem königlich-kaiserlichen Hoflieferanten in Berlin.

Spreewald Trachten – Der besondere Gürtel

Die Taille umschloss ein kunstvoller Gürtel. Dieser Gürtel mit Schnalle wurde nur von Radduscher Frauen getragen. Er bestand aus starkem Linnen mit eingearbeitetem Verschluss. Er wurde meist in Berlin gekauft und „nachbearbeitet“. Je reicher die Trägerin, desto mehr Perlen und kunstvolle Stickereien kamen darauf. In den 1930er Jahren kamen diese Gürtel aus der Mode. Es wurden dann auch in Raddusch Schleifenbänder getragen, die aber in sehr dezenten Pastellfarben gehalten wurden. Hinten auf dem Rock wurde eine schöne lange Schärpe befestigt. Das geblümte Seidenband als Saum zeigte in Raddusch bei der Festtagstracht die ansehnliche Breite von 20 Zentimetern. Die Röcke selbst waren aus Plüsch, Samt, blumigem Atlas, schwarzer, schwerer, glatter Seide und feinem Tuch hergestellt. Unterhalb des breiten Saumes wiesen die Röcke als Abschluss noch einen ein Zentimeter breiten Saum aus gelber oder weißer Spitze auf.

Die Radduscher Haube gehörte neben denen aus Werben und Burg zu den größten Hauben im Spreewald. Sie bestand aus drei Teilen, war bunt gewirkt, bedruckt oder mit schönen Mustern aufwendig bestickt. Steifes Papier oder Gaze, durch viele Stecknadeln zusammengehalten, gaben ihr die gewünschte Form.

Zur Tracht gab es keinen Mantel oder Überwurf. In der kalten Jahreszeit trugen die Frauen eine „Polka“. Das war eine gefütterte taillierte schwarze Jacke mit Schoß.

Spreewald Trachten und Kirche

Die Kirchgangstracht wurde früher besonders zu Gottesdiensten, Beerdigungen oder zu besonderen Anlässen wie in der Passions- und Adventszeit, zu Neujahr, zu Karfreitag, zu Ostern, zu Himmelfahrt, zum Buß- und Bettag, zu Totensonntag, zu Taufen und zu Hochzeiten getragen.

Unterschiede gab es bei älteren Frauen, sie trugen meist grüne oder braune Röcke, auf denen das darauf befindliche Seidenband mit schwarzer Spitze eingefasst war. Die Schürzen wurden in gedämpften Farben gehalten und meist mit schwarzen Spitzen umsäumt. Zur Kirchgangstracht wurde ebenfalls eine schwarze Polka getragen.

Festliche Trachten 2 Damen

Spreewald Trachten im Alltag

Die Alltags- oder Arbeitstracht war schlicht, einfach und praktisch für die Arbeit auf dem Feld und für die Hof- und Hausarbeit ausgerichtet. Meist war die Tracht in dunklen Farben oder im Blaudruck gehalten. Bis 1900 trug man besonders bei der Wiesenarbeit noch ein weißes Kittelchen, ein Schultertuch und eine Leinwandschürze, die oft bedruckt waren. Bei sehr heißem Wetter trugen die Frauen ein Sonnenschutztuch, dass mit einem Samtband festgesteckt war.

Spreewald Trachten – Feste & Hochzeiten

Besonders festlich war die Kleidung der Braut und der Brautjungfern. Den Kopf bedeckte eine weiße Mütze, auf der bei der Braut eine Art Myrtenkranz aufgesteckt war. Die Brautjungfern hatten zahlreiche Blüten- und Grasverzierungen als Schmuck auf ihrer Mütze. Der Kopfputz wurde in beiden Fällen durch einen sehr großen, am Hals gekräuselten „Mühlsteinkragen“ abgeschlossen.

Wie begehrt die Radduscher Tracht war, zeigt folgendes Beispiel: In Raddusch gab es früher viele Schneider, sie waren auch perfekte Trachtenschneider. Einer der bekanntesten war Wilhelm Klauk. Er war ein gefragter Mann in seinem Fach. In den Jahren nach 1848 wanderten viele Wenden nach Amerika aus. Viele gingen nach Texas. Dort bildete sich bald eine wendische Kolonie. Die wendischen Familien wollten hier auch ihre wendischen Traditionen fortführen. Deshalb bestellten sie bei Wilhelm Klauk wendische Trachten, die er dann nach Amerika lieferte.

Susann Beesk Gurkenkönigin

Alte Traditionen verschwinden

Durch die Industrialisierung und die Einflussnahme der modernen Mode sowie durch die immer mehr fortschreitende Eindeutschung begann das Tragen der Trachten nach 1870 allmählich zu schwinden. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Tragen der Tracht als alltägliche Bekleidung bei den Mädchen und Frauen, auch bei den Schulkindern noch allgemein üblich, danach wurde es immer weniger.

Bis Anfang der 1970er Jahre gab es in Raddusch nur noch einige ältere Frauen, die täglich ihre Tracht trugen. Seither wird die Tracht heute nur noch zu besonderen Festen getragen, wie zum Beispiel zur Fastnacht, zum Hafenfest oder zum Scheunenfest.

Der 2001 gegründete Radduscher Heimat- und Trachtenverein hat sich der Pflege des wendischen Brauchtums und der Erhaltung seiner Trachten verschrieben. Seit 2011 führt der Heimat- und Trachtenverein wieder Trachtenumzüge durch, an denen sich jährlich bis zu 40 Paare beteiligen.

Die Frauen streben an, wieder die originale Radduscher Tracht aus dem 19. Jahrhundert mit der Besonderheit, dem Leibgürtel, zu zeigen. Wer die farbenprächtigen Radduscher Trachten bewundern möchte, ist gern zu den traditionellen Festen im Ort eingeladen.

Buschmühle Raddusch

Radduscher Führung

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Schilfrohr & Sänger

Der RadduscheOrtschronist Manfred Kliche ist das wandelnde Spreewaldlexikon. Seit ca. 50 Jahren begleitet er mit seinen Recherchen viele Blogs, Zeitungen, Journale und auch Fernsehsendungen. Er ist nun hauptberuflich Rentner, liebevoller Opa, jedermanns Freund und die gute Seele im Spreewald. Wir sind sehr froh, dass er in unserem Team ist.

Die große Kunst von Manni ist es, die Menschen in seinen Bann zu ziehen. Er lässt sie den Spreewald atmen, fühlen und einfach unterhaltsam verstehen. Hier berichtet er von der  Schilfrohrernte im Spreewald – Vergessenes Spreewald Handwerk. Lesenswert in jedem Fall.

Spreewald Handwerk – Ernten und Verarbeiten

Das Bergen von Schilfrohr war die erste Ernte im neuen Jahr. In Raddusch wurden dafür besondere Flächen genutzt. Es waren die damaligen „Rohrwiesen“ ,sie liegen links vom Weg von Raddusch zur Radduscher Buschmühle und dem Seesauer Fließ und der unteren Radduscher Grobbla. Vor der Eindeichung des Südpolders ( 1934 -1938 ) durch den Reichsarbeitsdienst waren diese Flächen fast ganzjährig unter Wasser stehend. Das bewirkte den Wuchs des Schilfrohres besonders. Moore und Sümpfe sowie ständig feuchte Flächen sind die idealen Wachstumsbedingungen für das Schilfrohr. Geerntet wurde das Schilfrohr meist von November bis März , dann wenn die Wiesenflächen zu gefroren waren.

Schilfrohrfelder Spreewald Handwerk
Schilfrohr im Spreewald

Spreewald Handwerk – Ernte & Nutzung

Einst mit Sichel , später mit Sensen wurde das Schilf gemäht , aufgenommen und zu runden Bunden zusammengebunden. Die Rohrbunde wurden dann mit Schlitten zum Bauerngehöft gefahren und bis in den Sommer getrocknet. Später wurden die Rohrbunde sortiert , die besten Rohrstengel wurden für die Dacheindeckung aussortiert, die schlechteren Rohrstengel sind für andere Verarbeitungen (z.B. Isolierungen ) genutzt worden. Die Menschen , die hier im Spreewald sesshaft waren und hier ihre Hütten bzw. Häuser bauten nutzten das geerntete Schilfrohr für die Dacheindeckung , aber auch für die Isolierung der Wände und Decken . So wurde Schilfrohr mit Lehm vermischt und zum Verfugen der Wände und Decken als Wärmeisolierung genutzt. Schilfrohr bot sich aufgrund seiner langen Haltbarkeit , seiner relativ schweren Entflammbarkeit und der wärmehaltenden Eigenschaften als Dacheindeckung an.

Dachdecker beim Schilfrohrverlegen
Spreewald Handwerk
Dachdecker im Spreewald Schilfrohrverlegung

Spreewald Handwerk -Dachdecken mit Geschichte

Die Wohnhäuser in Raddusch waren bis 1791 überwiegend mit Schilf ( Reet) und die Wirtschaftsgebäude mit Schilf oder mit Stroh eingedeckt. Durch eine große Feuersbrunst 1791 wurde fast die Hälfte der Gebäude , die mit Schilfdach eingedeckt waren , vernichtet. 1878 sind durch eine erneute Feuersbrunst weitere Haupt-und Wirtschaftsgebäude des Dorfes vernichtet worden.

Da es seit 1794 in Raddusch eine eigene Ziegelei gab , die neben Mauernziegel auch Dachziegel herstellte ,sind die Einwohner natürlich dem neuen Baumaterial aufgeschlossen gewesen und haben die meisten Gebäude mit Dachziegeln eingedeckt. Durch die Zunahme von Ziegeleien ,die dann Dachziegel für die Dacheindeckung bereitstellten war die Ernte von Schilfrohr nicht mehr erforderlich. In Raddusch wurde noch bis 1920 in den Rohrwiesen Schilfrohr geerntet.

Wer mehr darüber und den Spreewald erfahren will und individuell geführt werden will, der bucht sich seinen Spreewälder.

Schilfrohrsänger
Schilfrohrsänger

Eine Vogelart – der Schilfrohrsänger fühlt sich besonders wohl im Schilfrohr, welches man noch vielerorts im Spreewald findet. Besonders große Populationen gibt es im Raum Lübben.

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Spreewald Kultur

Heimatstuben und Scheunenfunde

Wo Urigkeit noch heute lebt…….Willkommen in den Heimatstuben der Region. Mit viel Mühe wurden und werden die Heimatstuben der Region Spreewald heute noch gepflegt und geben den Besuchern einen fantastischen Eindruck in vergangene Zeiten. Tauchen Sie ein in Nostalgie und Raritäten, in Frischekultur und Traditionen. Eine Zeitreise beginnt…. Spreewald Kultur ! Wandern Sie oder fahren Sie Paddelboot oder Kahn, um dies alles zu verinnerlichen.

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